Inverses Headhunting
Bewerbung ohne Klinkenputzen
Kategorien: PERSONALDIENSTLEISTUNG | 14. Februar 2025
Den Begriff „Headhunting” nutzt man normalerweise in Situationen, in denen Unternehmen auf der „Jagd” nach qualifizierten Köpfen sind. Aber es geht auch umgekehrt: Manchmal macht es Sinn, als Bewerber:in die Initiative zu ergreifen und in die „jagende Rolle” zu schlüpfen. Inverses Headhunting bezeichnet also die aktive Suche nach ausgewählten und besonders erfolgversprechenden Firmen oder Positionen, die eine fruchtbare berufliche Perspektive versprechen und zum eigenen Wirkungs-Profil passen. Auf diese Weise vermeidet man unnötige Massenaussendungen und betätigt sich als Bewerber:in selbst als „Headhunter” in Richtung der Unternehmen. Wie Inverses Headhunting (oder häufig auch Reverse Headhunting) funktioniert und welche Vorteile das mit sich bringt, erfahren Sie in diesem Artikel.
Inverses Headhunting:
Weniger Schrotflinte, mehr Zielfernrohr
Inverses Headhunting betrifft zumeist (noch) ein enges Segment am Markt der freien Stellen erfahrene Manager:innen im gehobenen Management, spezialisierte Fachkräfte in Führungspositionen oder gut dotierte Spezialist:innen. Wenn dieses Klientel nach beruflichen Veränderungen strebt, macht die Methode des wahllosen „Klinkenputzens“ wenig Sinn und bringt Nachteile mit sich.
Da Kandidat:innen im Executive-Bereich aufgrund ihres Lebenslaufs bereits ein hoch spezialisiertes Wirkungsprofil haben, bedeutet inverses Headhunting: Statt mit der Schrotflinte Bewerbungen als Massenaussendungen zu streuen, „zielt“ der Bewerbungsprozess mit geschärften und professionalisierten Bewerberprofil auf wenige und möglichst passgenaue Unternehmen und Positionen ab.
Das erspart den Unternehmen auf der einen Seite das Prüfen zahlreicher Blind-Bewerbungen und es verringert auf der anderen Seite die Gefahr des „Verbrennens“ des Marktwertes durch wahlloses Streuen seiner CV. Ziel ist ein Matching, bei dem die Individualität des oder der jeweiligen Kandidat:innen mit seinem Leistungsprofil die passgenaue Position findet.

Unterschied: Inverses Headhunting
vs. Active Sourcing
- Inverses Headhunting: Hier geht die Initiative von den Kandidat:innen aus. Sie sind die Initiatoren ihrer persönlichen Candidate Journey. Der Service entspricht einer Partnerschaft zur strukturierten Personalberatung mit Vermittlungsziel bezeichnen. Stellensuchende beauftragen eine spezialisierte Personal- und Beratungsagentur zur beruflichen Neuorientierung oder um einen Jobwechsel zu bewerkstelligen. Und idealerweise sollte sich daraus auch für das Unternehmen ein maßgeschneidertes Match ergeben.
- Active Sourcing: Hier geht die Initiative von den Unternehmen aus. Die Bewerber:innen bleiben passiv. Über Plattformen wie LinkedIn oder XING werden Profile gesichtet, Kontakte geknüpft und erste Gespräche initiiert. Im Fokus stehen schwer erreichbare Fachkräfte, die oft nicht aktiv auf Jobsuche sind. Active Sourcing bietet Unternehmen die Möglichkeit, gezielt Talente für spezifische Rollen zu gewinnen und langfristige Beziehungen aufzubauen.
Welche Rolle spielt Inverses Headhunting
im offenen und verdeckten Stellenmarkt?
Ausgerechnet das Segment der erfahrenen Manager:innen und Führungskräfte bildet sich selten im offenen Stellenmarkt ab. Diskretionsbedürfnisse und spezielle Anforderungsprofile sprechen oft für den sogenannten verdeckten Stellenmarkt. Und wo die Stellen ausgeschrieben sind, könnte es sich auch um Pflichtausschreibungen von Unternehmen handeln, die in der Regel ihre Neubesetzungen in direktem Kontakt eigener Netzwerke oder auf anderen Wegen finden. Die Vermittlung von erfahrenen Führungskräften oder von hoch spezialisierten Fachkräften in eine neue Position nimmt jedoch an Bedeutung zu. Sie folgt eigenen Gesetzen mit besonderen Strategien und Effekten, die wir hier näher erläutern möchten.
Was unterscheidet inverses Headhunting
vom herkömmlichen Headhunting?
Inverses Headhunting wird von den stellensuchenden Kandidat:innen initiiert, kann jedoch ebenso von suchenden Unternehmen als aktive Unterstützung abgerufen werden. Herkömmliche Headhunter werden von Unternehmen beauftragt. Sie praktizieren im Umfeld von offenen Business-Plattformen, Stellenmärkten oder auf Grundlage eines Portfolios die „kalte Kontaktaufnahme“ als Anwerbung im Auftrag von Unternehmen. Dabei werden oft standardisierte Anforderungsprofile mit zum Teil standardisierten CV’s und Bewerbungsmappen beliefert. Genau diese Methode der Beliebigkeit wird mit inversem Headhunting vermieden.
Die Vorteile
für Kandidat:innen
Wenn höher dotierte Leistungsträger:innen auf dem Executive-Level nach einem neuen Job suchen, ist das immer ein etwas ‚pikantes‘ Thema. Wer als gestandene:r Abteilungsleiter:in oder höher dotierte:r Expert:in eine Bewerbungsmappe überall hin versendet, gerät schnell in den Verdacht, sich wie ‚saures Bier‘ anbieten zu müssen. Handelt es sich zudem um eine Stellensuche nach einer Kündigung oder ist nach der letzten Tätigkeit bereits einige Zeit ins Land gegangen, kann ein indirekter Profil- und Wertverlust drohen. Inverses Headhunting steuert durch eine Strategie der gezielten Profilierung und Ansprache all diesen Effekten entgegen.
Das Consulting
Im Gegensatz zur Massenaussendung des CV bietet inverses Headhunting sowohl für Kandidat:innen als auch für Unternehmen eine Art Lösung nach Maß. Das Profil und die Wirkungsperspektive einer Person werden über den persönlichen Kontakt und mittels Consulting passgenau geschärft und professionalisiert. Beratung, Karriereplanung und Vermittlung gehen Hand in Hand.
Die Diskretion
Wenn Führungspersonal öffentlich auf Jobsuche ist, kann das dem Wettbewerb am Markt Hinweise geben, was nicht immer erwünscht ist. Inverses Headhunting bietet sich ebenfalls an, wenn (noch) festangestellte Fach- und Führungskräfte diskret nach einer anderen Stelle suchen oder wenn bereits ein Trennungsprozess (Vertragsaufhebung, Entlassung) im Gang ist, der eine Jobsuche notwendig macht. In diesem Fall wäre inverses Headhunting proaktives Outplacement.
Die Vorteile
für Unternehmen
Inverses Headhunting ist selbst keine reine Einbahnstraße und bietet auch strategische Vorteile für Unternehmen. Denn das offene Ausschreiben von Positionen im gehobenen Executive-Bereich ist nicht immer gewünscht. Entweder möchte eine Firma dem Wettbewerb am Markt keine indirekten Hinweise auf Personalbewegungen geben oder bestimmte Positionen auf gehobenem Level haben einen Vertraulichkeitsbedarf. Dann möchte man sie nur mit einer Klientel aus einem vertrautem Netzwerk abdecken. All diese Varianten fallen unter die Rubrik verdeckter Arbeitsmarkt. Inverses Headhunting bewegt sich im Bereich zwischen Diskretion und zielgenauer Besetzung von Positionen durch strategische Profilierung. Deshalb können inverse Headhunter-Services auch von Unternehmen in Anspruch angesprochen werden.
Die 5 wichtigsten Schritte beim
Inverse Headhunting mit Vermittlern
Im Gegensatz zur Massenaussendung des CV bietet inverses Headhunting sowohl für Kandidat:innen als auch für Unternehmen eine Art Lösung nach Maß. Beratung, Karriereplanung und Vermittlung gehen Hand in Hand.
Seriöse Anbieter:innen von inverse Headhunting-Services verfügen selbst über gute strategische Netzwerke und eine guten Rechercheprozess in offenen und verdeckten Stellenmärkten. Im Prinzip erarbeiten sie für ihre Kandidat:innen ein neues maßgeschneidertes Netzwerk an Kontakten und möglichen Platzierungen. Zugleich bieten sie ihren Kandidat:innen Unterstützung mit Coachings und helfen beim Erstellen eines erfolgversprechenden Profils.
1. Beratung und Profilierung
Kandidat:innen erhalten auf Basis eines Kontaktformulars und ihrer persönlichen Vita eine individuelle Profilberatung und Vorbereitung mit einem Profil-Coaching. Die Fragen lauteten: Welche Erfolge konnten in der bisherigen Vita in welcher Branche oder in welcher betrieblichen Tätigkeit tatsächlich verbucht werden? Welche Perspektiven und Potenziale erwachsen daraus? Denn für den Vermittlungserfolg ins gehobene Management ist das tatsächlich vorhandene Profil und vorzeigbare Erfolge der Kandidat:innen viel wichtiger als der 0815-Nachweis von Abschlüssen und Zertifikaten.
2. Researching
Die Fähigkeiten und Kapazitäten in der aktuellen Arbeitsmarktrecherche trennt beim Inverse Headhunting die Spreu vom Weizen. Dabei nutzen die Anbieter:innen einerseits bestehende Kontakte und Netzwerke zu möglichen Zielfirmen und andererseits können sie mögliche Bedarfe durch eine Tiefenanalyse der zugänglichen Stellenmärkte ermitteln.
3. Zielgenaue Bewerbungsvorbereitung
Auf Basis der Vorgespräche und Informationen kann ein individuell abgestimmtes Coaching den Kandidat:innen bei einer Neuorientierung helfen und sie zugleich optimal positionieren. Dabei wird er auf ein Bewerbungsszenario vorbereitet, das mit den aktuelle Gegebenheiten der Branche, des Personalmarktes, der gesuchten Position und der optimalen Vertragsgestaltung abgestimmt ist. Dazu gehören auch Schulungen für Bewerbungsgespräche, zur Vertragsgestaltung und natürlich zur Erstellung passgenauer Bewerbungsunterlagen.
4. Auswahl und Vermittlung
Nach Maßgabe einer bestmöglichen Überschneidung von Kandidat:innenprofil, Entwicklungsperspektive und dem Nutzen für eine:n potenzielle:n Arbeitgeber:in lanciert der Headhunter seine Kandidat:innen nur auf wenigen und wirklich aussichtsreichen Schreibtischen von Entscheider:innen. So wird eine Inflation von Bewerbungsprozessen vermieden und der Marktwert nicht durch „Klinkenputzen“ geschmälert.
5. Prozessbegleitung
Inverse Headhunting ist in allen Phasen der Neuorientierung eine hilfreiche Unterstützung. Das reicht von der Gestaltung des Aufhebungsvertrags beim Outplacement über die Optimierung der Bewerbungsunterlagen bis zur Feinabstimmung in Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche und der Ausgestaltung des Neuvertrags.

Kosten Inverses Headhunting:
Womit muss man rechnen?
Die Kosten für Inverses Headhunting können je nach Anbieter:in, Leistungspaket und Umfang stark variieren. Außerdem spielt die zu erwartende Dotierung der angestrebten Position eine Rolle. In der Regel wird zwischen einer einmaligen Pauschale und laufenden Gebühren unterschieden. Einige Anbieter:innen verlangen eine feste Gebühr für die gesamte Betreuung, die oft zwischen 2.000 und 10.000 Euro liegt. Die Berechnung ist abhängig vom Umfang der unterstützenden Maßnahmen wie CV-Optimierung, individuelles Coaching und aktive Ansprache von Unternehmen.
Erfolgspauschale versus Fixkosten
Einige Anbieter:innen berechnen ihre Dienstleistungen auf Erfolgsbasis. Die Gebühren sind abhängig davon, ob ein konkretes Jobangebot durch die Bemühungen des Headhunters zustande kommt. Hier kann eine prozentuale Erfolgsprämie auf das erste Jahresgehalt vereinbart werden, die oft zwischen 10 und 25 Prozent liegt.
Inverses Headhunting als Teil
eines Outplacement-Pakets
Dass Unternehmen sich von Führungskräften oder Fachkräften trennen müssen, kann strukturelle Gründe haben und ist nicht immer leistungsbedingt. Im Falle einer Kündigung oder Vertragsaufhebung kann der kündigende:r Arbeitgeber:in einen Outplacement-Service anbieten, in dem auch einige Bestandteile des inversen Headhuntings wie Karriereberatung, CV-Optimierung, Bewerbungstraining enthalten sind.
Talent-Placement: die Kombination aus Tiefenrecherche und HR-Kompetenz von index
Die index Gruppe bietet mit Talent Placement ein Outplacement-Service für alle Berufsgruppen und Hierarchiestufen. Darin enthalten sind umfangreiche Research-Kapazitäten im offenen und verdeckten Stellenmarkt sowie eine Betreuung durch Job-Coaches und die Optimierung des CV der Kandidat:innen. Mittels einer europaweiten Datenbank und über 30 Jahren Erfahrung im Personalmarketing erreicht Talent Placement eine Vermittlungsquote von 90 Prozent.

Die 6 Tipps für ein erfolgreiches
inverses Headhunting
Die folgenden 6 Tipps helfen Ihnen dabei, Ihr inverses Headhunting erfolgreich zu gestalten
1. Klare Zieldefinition
Bevor der Prozess startet, sollten Kandidat:innen ihre Karriereziele präzise definieren. Welche Position, Branche, Unternehmenskultur oder Standort ist gewünscht? Eine klare Zielsetzung hilft Berater:innen, gezielt passende Unternehmen anzusprechen
2. Professionelle Bewerbungsunterlagen
Der Lebenslauf und das Anschreiben sollten modern, fehlerfrei und individuell angepasst sein. Ein gut strukturierter Lebenslauf, der Erfolge und relevante Erfahrungen hervorhebt, steigert die Chancen auf Interesse von Unternehmen.
3. Ein starkes Netzwerk aufbauen
Ein breites und aktives berufliches Netzwerk, etwa über Plattformen wie LinkedIn, ist ein großer Vorteil. Kandidat:innen sollten ihr Profil optimieren und regelmäßig relevante Inhalte teilen, um sichtbar und ansprechbar zu sein.
4. Gezielte Auswahl von Berater:innen mit Branchenkenntnis
Nicht jede:r Berater:in ist für jede Branche oder Position geeignet. Kandidat:innen sollten sich an Expert:innen wenden, die mit ihrer Zielbranche und deren Anforderungen vertraut sind, um eine effektivere Ansprache von Unternehmen zu gewährleisten.
5. Proaktives Feedback einfordern
Offenheit gegenüber Feedback ist essenziell. Ob es sich um Rückmeldungen zu Bewerbungsunterlagen, Vorstellungsgesprächen oder der generellen Strategie handelt – konstruktive Kritik kann den Prozess verbessern und die Erfolgschancen erhöhen.
6. Geduld und Ausdauer zeigen
Der Erfolg beim inversen Headhunting erfordert Zeit und Geduld. Kandidat:innen sollten den Prozess als partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Berater:innen verstehen und darauf vertrauen, dass die richtige Gelegenheit gefunden wird.
Inverses Headhunting hat wachsendes
Potenzial für alle Hierarchieebenen
Die Zukunft der Personalvermittlung wird vom relativ austauschbaren Lebenslauf zunehmend auf eine individualisierte und personalisierte Verbindung von Beratung, Research, Karriereplanung und Vermittlung hinauslaufen. Die Verwendung von KI und neuer Technologien wird das Researching, aber auch die Profilierung von Kandidat:innen, stärker und schneller differenzieren und den tatsächlichen Gegebenheiten am Markt anpassen.
Demzufolge wird Inverses Headhunting als Methode nicht nur Führungskräften vorbehalten bleiben. Für Unternehmen und Kandidat:innen hat das zwei wesentliche Vorteile:
- Wer als Bewerber:in die Initiative ergreift, übernimmt die Kontrolle über die eigene Candidate Journey. Die Person gewinnt ein Bewusstsein über ihr Leistungsprofil und kennt die eigenen Perspektiven, Wünsche und Ziele sehr genau. Damit werden Missgriffe in der Stellenwahl oder Fehlbesetzungen unwahrscheinlicher. Der Bewerbungsprozess wird kein Lotteriespiel mehr.
- Für Unternehmen wird der Recruiting-Prozess effizienter. Das Aussieben und Sichten von tausenden Bewerbungen hat sich in dem Moment erledigt, wo der Prozess schon im Vorfeld für eine passgenaue Profilierung sorgt. Es vergeht weniger Zeit, bis eine passende Kandidat:in für eine Position gefunden ist. Der Recruitingaufwand verringert sich. Und das spart letztlich bares Geld in den finanziellen Aufwänden für die Besetzung einer Position.

Jürgen Grenz
Autor
Jürgen Grenz gründete index 1994 in Berlin und ist seitdem Geschäftsführer. Seit 2019 leitet er die Unternehmensgruppe gemeinsam mit Oliver Saul. Das Thema Personal, das in Zeiten des Fachkräftemangels immer bedeutender wird, zieht sich wie ein roter Faden durch die Vita des Diplom-Kaufmanns (Universität Mannheim). 2001 initiierte er zudem die Stiftung Gute-Tat, die temporäres soziales Engagement bei karitativen Projekten ermöglicht.
BILDQUELLEN Beitragsbilder: index GmbH & istockphoto