Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit – das ist die Grundidee hinter Equal Pay in der Zeitarbeit. Zeitarbeitnehmer:innen sollen beim Lohn nicht schlechter dastehen als Stammmitarbeiter:innen. Aber was bedeutet Equal Pay konkret? Welche Regelungen gelten im Hinblick auf den finanziellen Gleichstellungsgrundsatz? Was gehört alles zu Equal Pay und wie wird der Vergleichslohn berechnet? Wir geben nachfolgend einen umfassenden Überblick zum Thema Equal Pay und beleuchten aktuelle Auswirkungen für Verleiher und Leiharbeiter:innen.
Inhalt
Was bedeutet Equal Pay
in der Zeitarbeit?
Unter Equal Pay (= gleiche Bezahlung) versteht man das nunmehr im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verankerte Recht von Zeitarbeitnehmer:innen, während der Dauer ihrer Überlassung den gleichen Lohn zu erhalten, wie im Entleihbetrieb festangestellte Mitarbeiter:innen, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben. Das AÜG verwendet allerdings den Begriff Equal Pay nicht direkt, sondern spricht von einem generellen Gleichstellungsgrundsatz (= Equal Treatment) für in Zeitarbeit beschäftigte Arbeitskräfte. Equal Treatment hat die Gleichstellung von Zeitarbeitern und Zeitarbeitnehmerinnen zum Ziel – auch in puncto Gehalt. Eine mögliche Benachteiligung im Unternehmen soll so verhindert werden.
Auf den Personalverleih spezialisierte Personaldienstleister:innen versorgen ihre Kunden seit Jahrzehnten effizient mit dringend benötigten Arbeitskräften. Sie sind eine wichtige Unterstützung für Unternehmen, flexibel und wettbewerbsfähig zu bleiben. Den rechtlichen Rahmen zur Zeitarbeit gibt seit 1972 das Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassung vor. Obwohl es seitdem mehrfach novelliert wurde, hieß es lange, Leiharbeitnehmer:innen seien insgesamt schlechter gestellt als die Stammbelegschaft. Deshalb zielte die letzte Änderung, die seit April 2017 in Kraft ist, vor allem darauf ab, für sie eine gleiche Behandlung und Bezahlung zu garantieren. Außerdem wurde die Höchstüberlassungsdauer neu geregelt und auf maximal 18 Monate begrenzt.
Wann muss Equal Pay
gezahlt werden?
Grundsätzlich gilt: Die Verpflichtung zur Entlohnung liegt beim Verleihbetrieb als Arbeitgeber. Während der gesamten Dauer ihrer Beschäftigung beim Entleiher haben Zeitarbeitnehmer:innen gegenüber ihrem Zeitarbeitsunternehmen laut Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassung einen Anspruch auf das gleiche Gehalt wie Stammmitarbeiter:innen in vergleichbarer Position. Nicht betroffen davon sind einsatzfreie Zeiten – hier greifen individuelle Vereinbarungen zwischen Leiharbeitnehmer:innen und Personaldienstleister:innen.
Doch keine Regelung ohne Ausnahme! Denn Abweichungen vom Equal-Pay-Grundsatz sind durch Tarifvertrag möglich. Findet ein Tarifvertrag Anwendung, dürfen entliehene Arbeitskräfte geringer vergütet werden, sofern die Lohnuntergrenzen bei der Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 3a Abs. 2 AÜG nicht unterschritten werden. Der Zeitraum für die Abweichung ist dabei auf 9 Monate begrenzt. Das heißt, ab dem 10. Einsatzmonat beim selben Entleiher muss Equal Pay in vollem Umfang an die Leiharbeitnehmer:innen gezahlt werden.
Unterstehen die Parteien einem Tarifvertrag, der Branchenzuschläge der Einsatzbranche vorsieht, kann der Abweichungszeitraum auf maximal 15 Monate ausgedehnt werden. Voraussetzung dafür ist, dass das Gehalt der Leiharbeiter:innen stufenweise steigt, bis nach 15 Monaten die finanzielle Gleichstellung erreicht ist. Außerdem muss die erste Anhebung spätestens nach 6 Wochen Einarbeitungszeit erfolgen.
Gesetzliches vs.
tarifliches Equal Pay
Im Grunde genommen existiert ein gesetzliches Equal Pay ohne Tarifvertrag und ein tarifliches Equal Pay in der Zeitarbeit. Wenn ein entsprechender Tarifvertrag existiert, dürfen Personaldienstleister:innen zeitlich begrenzt von den allgemeinen Vorschriften des AÜG abweichen. Für nicht tarifgebundene Parteien gilt das gesetzliche Equal Pay, aber sie können sich alternativ auf die Anwendung eines Tarifvertrags einigen. Eine Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz durch Tarifvertrag ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn Zeitarbeitnehmer:innen in den letzten 6 Monaten vor ihrer Überlassung selbst beim Entleiher angestellt gewesen sind. Damit soll der sogenannte »Drehtür-Effekt« verhindert werden, bei dem Unternehmen eigene Mitarbeiter:innen kündigen, um sie anschließend über eine Zeitarbeitsfirma zu günstigeren Konditionen weiterzubeschäftigen.
Wie wird der
Vergleichslohn berechnet?
Equal Pay bei der Arbeitnehmerüberlassung schreibt vor, dass an ein Unternehmen entliehene Arbeitskräfte den gleichen Lohn erhalten sollen, wie dort festangestellte Mitarbeiter:innen in vergleichbarer Position. Als Berechnungsgrundlage des Vergleichsentgelts dient folglich, was der Entleiher seinen Stammmitarbeiter:innen für eine ähnliche oder identische Tätigkeit bezahlt. In die Berechnung müssen sämtliche Gehaltsbestandteile, also auch vermögenswirksame Leistungen und Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Schicht-, Nachtarbeits- und Feiertagszuschläge sowie Verpflegungs- und Fahrtkostenzuschüsse einfließen. Anspruch auf Sachleistungen (z. B. Firmenwagen) haben Leiharbeiter:innen zwar nicht, aber es kann einen finanziellen Ausgleich, gemessen am Gegenwert in Euro, geben.
Inwieweit eine vergleichbare Tätigkeit vorliegt, wird anhand von tätigkeitsbezogenen Merkmalen bestimmt. Dabei ist der der entliehenen Arbeitskraft konkret zugewiesene Arbeitsplatz bzw. Aufgabenbereich ausschlaggebend. Sind für die Bezahlung personenbezogene Faktoren – wie Ausbildung, Berufserfahrung, Weiterbildungen oder besondere Qualifikationen – relevant, muss auch in dieser Hinsicht eine Vergleichbarkeit gegeben sein. Fehlt es im Unternehmen an einem vergleichbaren Arbeitnehmer, erfolgt die Berechnung von Equal Pay auf Basis der für die Beschäftigung üblicherweise zu erwartenden Bezahlung (z. B. bestimmt durch einen tarifvertraglichen Lohn).
Die Vor- und Nachteile von
Equal Pay in der Zeitarbeit
Aus Sicht von Zeitarbeitnehmer:innen sollte der gesetzliche Gleichstellungsgrundsatz begrüßenswert sein. Immerhin werden sie dadurch besser bezahlt. Auf der anderen Seite stand nach der letzten Anpassung des AÜG die Befürchtung im Raum, dass es vermehrt zu Abbestellungen nach 9 Monaten Überlassung kommen werde. Wie beurteilen Personaldienstleister:innen die bisherigen Auswirkungen der Gesetzesnovelle? Das haben die Marktforscher:innen von index Research in Zusammenarbeit mit der ES Edgar Schröder Unternehmensberatungsgesellschaft für Zeitarbeit im Sommer 2021 untersucht. Die Basis dieser Studie bildet eine Online-Befragung von mehr als 450 Entscheider:innen bei Zeitarbeitsfirmen verschiedener Größen und Ausrichtungen.
Studie: Auswirkungen von Equal Pay in der Praxis
Obwohl die überwiegende Mehrheit der Umfrageteilnehmer:innen einen Imagegewinn für die Zeitarbeit und Verbesserungen für die Zeitarbeitnehmer:innen sieht, hagelte es auch Kritik. Bemängelt wurde insbesondere der hohe bürokratische Aufwand sowie rechtliche Unsicherheiten bei der Equal Pay Berechnung. Außerdem trete weder der vom Gesetzgeber erwünschte »Klebeeffekt« – also die feste Übernahme ins Unternehmen des Kunden – ein, noch sei das Recruiting neuer Zeitarbeitnehmer:innen leichter geworden.
Ziemlich einhellig sind Personaldienstleister:innen der Meinung, dass ein Branchenzuschlagstarifvertrag im Gegensatz zu Equal Pay einfacher zu handhaben sei. Eine Mehrheit hat ebenfalls beobachtet, dass Equal Pay tatsächlich zu mehr Abbestellungen vor dem 10. Monat führt. Davon ist besonders die Gruppe der Helfer:innen betroffen – sicherlich nicht der gewünschte Effekt der Gesetzänderung. Demnach gibt es durch das Gleichstellungsgebot bei der Arbeitnehmerüberlassung auch Nachteile für alle Beteiligten.
Ausblick: Ist Equal Pay
eine Gefahr für Zeitarbeitsunternehmen?
Durch die jüngste Reform des AÜG wollte der Gesetzgeber nicht nur ein besseres Entgelt für Zeitarbeitnehmer:innen durchsetzen, sondern auch das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung auf dessen Kern zurückführen – nämlich Unternehmen zeitlich befristet bei Personalengpässen zu unterstützen. Bisher galt Zeitarbeit als probates Mittel für Unternehmen, einen erhöhten Personalbedarf schnell und unkompliziert zu decken. Die Entleihe von Arbeitnehmer:innen bedeutete zudem Ersparnis bei Recruiting- und Personalkosten, was im internationalen Wettbewerb nicht ganz unerheblich ist. Eine Anhebung der Vergütung für Zeitarbeitnehmer:innen durch Equal Pay sorgt zwar auf den ersten Blick für mehr Gehaltsgerechtigkeit, auf der anderen Seite jedoch wird Arbeitnehmerüberlassung teurer und könnte das Geschäftsmodell einer ganzen Branche langfristig ins Wanken bringen.
Dennoch wird sich Zeitarbeit trotz oder vielleicht gerade wegen der faireren Bezahlung auch in Zukunft behaupten. Dafür sorgen ganz allgemeine Entwicklungen am Arbeitsmarkt und in der Arbeitswelt. Es ist schon lange nicht mehr so, dass der Personalverleih überwiegend eher gering qualifizierte Helfer:innen betrifft. Selbst gut ausgebildete Fachkräfte entscheiden sich verstärkt für Zeitarbeitsmodelle, weil sie sich mehr Flexibilität in ihrer beruflichen Laufbahn wünschen. Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung können sie ganz verschiedene Unternehmen kennenlernen, ohne ihre soziale Absicherung zu verlieren. Genauso müssen Firmen weiterhin Personallücken kurz- und mittelfristig füllen und bleiben dabei auf Personaldienstleister:innen angewiesen. Equal Pay sorgt auf lange Sicht dafür, Zeitarbeit noch gerechter und attraktiver zu machen.
Häufig gestellte Fragen
über Equal Pay in der Zeitarbeit
Was ist Equal Pay in der Zeitarbeit?
Equal Pay in der Zeitarbeit bezeichnet den Anspruch von Leiharbeitnehmer:innen auf den gleichen Lohn, den Stammmitarbeiter:innen des Entleihers für eine identische bzw. ähnliche Tätigkeit erhalten.
Was passiert, wenn die Höchstüberlassungsdauer überschritten wird?
Die Überlassung von Arbeitskräften an denselben Entleiher darf maximal 18 Monate betragen. Wird die Höchstüberlassungsdauer überschritten, handelt es sich um illegale Arbeitnehmerüberlassung. Ein solcher Fall wird als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld bestraft.
Ist Equal Pay Pflicht?
Equal Pay ist Bestandteil des in § 8 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verankerten Gleichstellungsgrundsatzes. Jede Zeitarbeitsfirma, die Arbeitskräfte im Sinne des AÜG verleiht, ist verpflichtet, die gesetzlichen Equal Treatment Vorschriften zu beachten – also auch die gleiche Bezahlung zu leisten.
Was passiert bei Verstößen gegen den Equal-Pay-Grundsatz?
Ein Verstoß gegen die Equal-Pay-Pflicht wird durch die Bundesagentur für Arbeit mit Bußgeldern von bis zu 500.000,00 Euro geahndet. Es droht der Entzug der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Zeitarbeitnehmer:innen können Lohndifferenzen einklagen.
Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Thema »Equal Pay Zeitarbeit«. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und will keinesfalls eine rechtliche Beratung darstellen oder ersetzen. In Zweifelsfällen und bei Problemen mit der Arbeitnehmerüberlassung sollte immer juristischer Fachrat eingeholt werden.
Stefan Hackel
Autor
Stefan ist seit rund 7 Jahren bei index an Bord. Der (Wahl-)Berliner mit schwäbischen Wurzeln und sächsischer Lebenserfahrung verantwortet die gesamte Pressearbeit der Unternehmensgruppe. Er trommelt hauptsächlich bei Journalisten von Fach- und Leitmedien für index und seine Kunden. Hin und wieder teilt er aber auch in Blogbeiträgen sein Wissen mit der HR-Community.